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HerzensHände

„Die heilsame Kraft von achtsamer Berührung“ heißt der Untertitel  einer Fortbildung für HospizmitarbeiterInnen.
Im Zuge  der Vorbereitung auf kommende Fortbildungstage in steirischen Hospizvereinen habe ich folgenden Bericht einer Teilnehmerin gefunden:

„Im Herbst 2013 fand in unserem Hospiz eine Fortbildung mit dem Titel „HerzensHände“ statt. Einen besseren Namen hätte man kaum finden können, denn die Hände sind – gleich nach dem Herzen – das wichtigste in der Hospizarbeit.Gerade in der ehrenamtlichen Arbeit, in der eine „Behandlung“ oder „Pflege“ im herkömmlichen Sinne ja nicht stattfindet, sind es die Hände, die Kontakt finden, die im besten Fall erspüren, was der Patient oder die Patientin gerade braucht.

Zu Beginn meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Hospizbegleiterin wusste ich oft nicht was tun mit meinen Händen, denn man ist ja gewöhnt etwas zu „tun“. Ich kann mich an viele Besuchsdienste erinnern, bei denen ich meine Hände damit beschäftigt hielt, Polster zu richten, Decken glatt zu streichen, Tee einzuschenken. Wie schwer das anfangs war, einfach nur „mit Herz und Händen“ da zu sein, wie viel Mut es manchmal brauchte, die Hände eines Kranken zu berühren.

Eine Cranio Ausbildung (Anm.: der spätere Lehrgang für Integrative Körperarbeit) eröffnete mir eine ganz neue Sichtweise und ließ mich staunend lernen, wozu Hände imstande sind, wenn sie nichts „tun“ müssen. Meine Hände wurden mein wichtigstes Instrument: um ganz vorsichtig in Verbindung zu kommen, um Anspannung oder Furcht wahrzunehmen, oder die Erlaubnis, näher zu rücken. Manchmal waren es nur ganz zarte Kontakte, gerade so dass sich die Finger oder Handseiten auf der Bettdecke berührten, manchmal ruhte eine Hand in meiner und manchmal war es wichtig, einander ganz fest zu halten, um Halt zu geben und Wärme.

Im Krankenhaus-Besuchsdienst trifft man als ehrenamtlicher Hospizbegleiter auch immer wieder auf betagte Menschen, die sehr verwirrt und ängstlich sind. Fast immer wenn ich meine Hand auf den Rand des Bettes legte, griff der oder diejenige danach und fast immer war sofort spürbar, wie gut es tut, Halt und Wärme und Ruhe in der Hand eines anderen Menschen zu finden.

Ich begann, mir die Hände, die ich da hielt, genau anzuschauen. Die zarten, fast durchscheinenden Hände einer alten Dame sind mir in Erinnerung, aber auch die bläulich verfärbten Hände einer Sterbenden, die ich während meines Praktikums in einer Palliativstation begleiten durfte. Knorrige, alte Hände waren dabei, voller Spuren eines langen Lebens, aber auch junge, und auch ganz junge.

Während eines meiner Besuche musste eine unserer Hospizschwestern kommen um eine Infusion zu erneuern. Auch ihre Hände sind mir in Erinnerung. Sauber waren sie, mit kurzgeschnittenen Nägeln, um unsere Patienten nicht zu verletzen. Praktische und vernünftige Hände waren das, die so sicher mit Infusions- und Pumpenzubehör hantieren konnten. Aber war das Notwendige getan, konnten sie wunderbar halten, schmerzende Stellen ganz leicht berühren, sich mit einem sanften Händedruck verabschieden – vielleicht zum letzten Mal. Eine andere unserer Hospizschwestern habe ich beobachtet, als sie einen verstorbenen Patienten versorgte. Er wurde gewaschen, gepflegt und gekleidet, ihre Hände sprachen von Abschiedsschmerz und tiefem Respekt.

Bei der Einschulung neuer KollegInnen achten wir besonders darauf, dass diese Qualität von „Da sein“ sich entfalten kann, dass Herz und Hände sprechen dürfen. Das ist die Sprache der Sterbenden. „Herzenshände“ hat uns daran erinnert, es hat uns allen gut getan.“
(I. Blau)